Der Rohölpreis der Sorte „Brent“ stieg nach der Vereinbarung der Opec-Länder am 30. November 2016 stetig in Richtung 56,00 US-Dollar pro Barrel, verharrte auf diesem Niveau bei relativ geringer Volatilität und schloss am 28. Februar bei 55,59 US-Dollar pro Barrel. Die Vereinbarung der Opec-Länder vom 30. November 2016 scheint auf den ersten Blick wirklich zu halten. Die Opec-Länder hatten im Nachgang zur ordentlichen Opec-Sitzung in Wien damals bekanntgegeben, die Fördermenge um 1,2 Millionen Barrel pro Tag auf 32,5 Millionen Barrel pro Tag kürzen zu wollen. Diese Vereinbarung sollte vorerst für ein halbes Jahr gelten, danach soll erneut über die Ölfördermengen entschieden werden. Mit dieser Vereinbarung sollte ein vorübergehendes Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage entstehen.
Die Opec scheint selbst nicht an den Erfolg der Kürzung der Fördermengen zu glauben, da bereits Anfang Februar vorzeitige Äußerungen zu einer Verlängerung der beschlossenen Maßnahmen vernehmbar waren. Ende Januar und auch im Februar lagen die Opec-Fördermengen laut IEA-Monatsbericht bei erstaunlichen aber zu hinterfragenden 32,1 Millionen Barrel pro Tag, wobei Saudi-Arabien den Großteil der Kürzungsmengen übernommen hat. Mit der Disziplin der einzelnen Opec-Länder bzgl. des Kürzungsbeschlusses ist es nämlich nicht weit her, wie z.B. im Irak, im Iran und in Venezuela.
Außerdem muss an der Stelle erwähnt werden, dass Saudi-Arabien saisonal bedingt seit jeher zu dieser Zeit aufgrund des Nachfragerückgangs im eigenen Land die Fördermengen kürzt. Der Irak hat wohl wiederum im Februar seine Öl-Produktion nochmals erhöht. Wenn man auf der anderen Seite die offiziellen Angaben der US-Lagerbestände verfolgt, muss man feststellen, dass diese die achte Woche in Folge angestiegen sind und mittlerweile ein neues Rekordniveau von 520 Millionen Barrel erreicht haben. Somit ist nicht wirklich weniger Öl im Umlauf. Die Förderquellen des Rohöls verschieben sich aber derzeit weltweit.
Die Unternehmen der Fracking-Industrie in den USA beobachten die aktuellen Entwicklungen sehr genau, da die Ölpreise in diesem Zusammenhang auf ein interessantes Einstiegsniveau gestiegen sind und Absicherungsgeschäfte für dortige Förderungen immer interessanter werden. Die USA könnte sich so schneller als gedacht zum Öl-Exporteur entwickeln. Das werden wiederum auch die Opec-Länder sehr genau beobachten, da diese Entwicklung für sie gefährlich werden könnte. Die aktuell beschlossenen Förderkürzungen der Opec-Länder könnten vor diesem Hintergrund schnell wieder zurückgenommen werden.
Ein zu hoher Ölpreis würde die Entwicklungen in den USA beschleunigen und wäre Gift für alle anderen Ölförderländer, deren Haushalte zwar kurzzeitig von der Preissituation profitieren, langfristig aber keine Rolle mehr auf dem Weltmarkt spielen würden. Die US-Energiebehörde hatte Ende Februar neu Prognosen zur Entwicklung der amerikanischen Ölproduktion bekanntgegeben. So soll die amerikanische Ölproduktion bis Ende 2017 auf ca. 9.2 Millionen Barrel pro Tag und bis Ende 2018 auf ca. 10,0 Millionen Barrel pro Tag steigen. Die aktuelle amerikanische Ölproduktion liegt bei 9,0 Millionen Barrel pro Tag.
Die von Baker Hughes veröffentlichte sogenannte Rig Count legte im Februar 2017 weiter zu. Diese Kennzahl beschreibt die Anzahl neuer Bohrungen und ist sehr stark an die Entwicklung des Ölpreises gekoppelt.
Die Ausgaben der Ölförderer werden wieder verstärkt angehoben, Investitionen in Förder- und Anlagentechnik mittel- und langfristig geplant. Ende Februar2017 betrug der Wert weltweit 2.027. Im Vergleich dazu betrug der Wert Ende Januar 2015 weltweit 3.309 und Ende Januar 2017 1.918. Allein in den USA ist ein erneuter Anstieg der Förderanlagen von 683 (Ende Januar 2017) auf 744 (Ende Februar 2017) zu verzeichnen.
Auch in Kanada ist ein erneuter Anstieg der Förderanlagen von 302 (Ende Januar 2017) auf 342 (Ende Februar 2017) zu verzeichnen. Aufgrund des aktuellen Ölpreisniveaus wird sich diese Entwicklung sehr wahrscheinlich maßgeblich beschleunigen, da die in Wartestellung befindlichen us-amerikanischen Fracking-Anlagen sehr schnell wieder angefahren werden können. Damit entwickelt sich die us-amerikanischen Fracking-Industrie tatsächlich nachhaltig zum sogenannten Swing-Produzenten. Diese Situation stellte sich bereits in den Jahren 2014 und 2015 ein, wodurch die Ölpreise Anfang letzten Jahres bekanntermaßen unter 30,00 US-Dollar pro Barrel fielen. Eine ähnliche Entwicklung ist in näherer Zukunft nicht auszuschließen, unter den aktuellen Vorzeichen ja sogar immer wahrscheinlicher.
Ein weiterer nicht zu vernachlässigender Punkt ist die aktuelle Dieselthematik verbunden mit den neuerlichen Fahrverboten in zahlreichen Städten und der damit verbundene Rückgang von Dieselneufahrzeugbestellungen. Dieser Umstand wird ein schnelleres Umdenken zu Elektrofahrzeugen ermöglichen. Damit werden die Bedarfe an Rohöl und den Raffinerieprodukten erheblich schneller zurückgehen als noch vor einem Jahr vermutet.
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