Der Rohölpreis der Sorte „Brent“ stieg nach der Vereinbarung der Opec-Länder am 30. November 2016 stetig in Richtung 56,00 US-Dollar pro Barrel und verharrte die ersten drei Monate des Jahres 2017 auf diesem Niveau bei relativ geringer Volatilität. Seit April 2017 nahm die Volatilität aber wieder stark zu. In der Folge gab der Rohölpreis weiter nach und fiel zum 30. Juni 2017 wieder auf 47,92 US-Dollar pro Barrel.
Am 01. Juni 2017 kündigte US-Präsident Trump die Teilnahme der USA am Pariser Klimaabkommen auf, was für einige Unruhe bei den teilnehmenden Staaten sorgte. Selbst die unter anderen Umständen eigentlich aufatmende Ölindustrie stellte sich gegen die Entscheidung, da sich bereits getätigte Investitionen in einen Energieträgerwechsel in Luft auflösen würden. Die damit einhergehenden Signale für die vom Klimawandel betroffenen Regionen und auch die Weltwirtschaft sind katastrophal. Die Folge waren entsprechend deutlich fallende Ölpreisnotierungen.
Mit dieser Ankündigung ist auch zu erwarten, dass die Ölproduktion in den USA künftig noch stärker steigen könnte als bislang angenommen. So ist die Anzahl der aktiven Bohrlöcher in den USA in den vergangenen Wochen stetig angestiegen. Das Ziel der Opec, die Preise zu stabilisieren, oder besser noch ansteigen zu lassen, hilft den US-amerikanischen Ölförderern, die eigenen Quellen wirtschaftlicher auszubeuten. Damit erweisen sich die Opec-Staaten aktuell selbst einen Bärendienst. Auch die IEA vertritt die Meinung, dass auch im Jahr 2018 ein Überangebot am Ölmarkt vorherrschen wird. Aktuell schätzt die IEA, dass die Öl-Vorräte in den OECD-Ländern 290 Millionen Barrel über dem Fünf-Jahres-Schnitt liegen. Das zeigt die Brisanz des Themas.
Gegen Ende Juni 2017 setzte der US-Präsident Donald Trump noch Einen drauf und verkündete, dass die USA den Weltmarkt für Energie dominieren und sich zum weltgrößten Exporteur von Kohle, Öl und Gas mausern möchte. Von der ursprünglich angekündigten Energieunabhängigkeit der USA wandeln sich die Bestrebungen zu einer weltweiten US-Vorherrschaft auf den Energierohstoffmärkten. So machen auch die gerade im Golf von Mexiko entstehenden riesigen LNG-Terminals immer mehr Sinn.
Die Lage in Venezuela ist derweil unverändert. Das Land steuert offensichtlich dem größten Staatsbankrott aller Zeiten entgegen und ist auf seine Öllieferungen angewiesen. Die Situation in Venezuela ist insofern von besonderer Bedeutung, da das Land über die größten Ölreserven weltweit verfügt. Aufgrund der volkswirtschaftlichen Lage in Venezuela werden immer mehr Ölvorkommen ausgebeutet, um die dringend benötigten Staatseinnahmen gewährleisten zu können.
Auf der anderen Seite beschlossen die Opec-Länder am 25. Mai 2017 gemeinsam mit Nicht-Opec-Ländern, wie z.B. Russland, die Verlängerung der Förderkürzungen bis zum Ende des ersten Quartales 2018 auszudehnen. Wobei Saudi-Arabien, Brasilien, Angola und der Irak die Fördermengen saisonbedingt erhöhten. Auch Libyen und Nigeria erhöhten die Fördermengen wegen der stabiler werdenden politischen Lage in beiden Ländern. So ist die Fördermenge in Libyen mittlerweile wieder auf einem Niveau von 900 Tausend Barrel pro Tag angestiegen, bis Ende des Jahres 2017 sollen es laut Aussagen der staatlichen Ölgesellschaft NOC 1,25 Millionen Barrel pro Tag sein.
Der Iran fördert inzwischen auch mehr als die ihm zugesprochenen Maximalförderungen. Daher stieg die Ölförderung der Opec wieder auf deutlich über 32 Millionen Barrel pro Tag an. Deshalb bleibt abzuwarten, wie lange die Opec ihre gesteckten Ziele und die damit verbundenen Einschränkungen einhalten wird.
Weltweit füllen sich die Öllager entsprechend weiterhin. Händler verwenden mittlerweile wieder vermehrt Schiffe als schwimmende Lager. Weltweit sollen aktuell mehr als 100 Millionen Barrel Rohöl auf Öl-Tankern zwischengelagert sein. Allein in der Nordsee sollen laut Veröffentlichungen sieben Öl-Tanker vor Anker liegen. Wenn man die offiziellen Angaben der US-Lagerbestände verfolgt, muss man wiederholt feststellen, dass diese nach wie vor auf sehr hohem Niveau verharren. Anfang Juni 2017 waren es 513,3 Millionen Barrel, Ende Juni immer noch um die 510 Millionen Barrel. Somit ist nach wie vor nicht wirklich weniger Öl im Umlauf.
Die Förderquellen des Rohöls verschieben sich immer schneller und deutlicher in Richtung amerikanischer Herkunft. Selbst der Tropensturm Cindy konnte die Ölproduktion nicht einschränken. So sollte die amerikanische Ölproduktion bis Ende 2017 auf ca. 9,2 Millionen Barrel pro Tag und bis Ende 2018 auf ca. 10,0 Millionen Barrel pro Tag steigen. Die amerikanische Ölproduktion lag aber Ende Juni schon bei 9,33 Millionen Barrel pro Tag, aktuell sind es wohl bereits mehr um die 9,35 Millionen Barrel pro Tag. Was die Preise auch deutlich unter Druck setzt.
Spekulative Finanzanleger ziehen sich derzeit vermehrt aus dem Ölmarkt zurück und suchen andere Anlageklassen. Offensichtlich hoffte man, dass die Opec am 25. Mai 2017 nicht nur eine Verlängerung der Förderkürzungen sondern auch weitere Kürzungsmaßnahmen beschließen würde. Zwischenzeitlich gab es zwar immer mal wieder einzelne Wochen mit einem zu verzeichnenden Lagerabbau der US-Rohölbestände. Im übergeordneten Trend lässt sich eine Abnahme der US-Rohölbestände aber nicht erkennen.
Die von Baker Hughes veröffentlichte sogenannte Rig Count legte im Juni 2017 wieder deutlich zu. Auch in Kanada sind nach den ausfallbedingten Rückgängen wieder starke Anstiege zu verzeichnen. Die Rig Count beschreibt die Anzahl neuer Bohrungen und ist sehr stark an die Entwicklung des Ölpreises gekoppelt.
Die Ausgaben der Ölförderer werden wieder verstärkt angehoben, Investitionen in Förder- und Anlagentechnik mittel- und langfristig geplant. Ende Mai 2017 betrug der Wert weltweit 1.935. Ende Juni 2017 stieg der Wert wieder auf 2.041. Im Vergleich dazu betrug der Wert Ende Januar 2015 weltweit 3.309 und Ende Januar 2017 1.918. Allein in den USA ist ein erneuter Anstieg der Förderanlagen von 893 (Ende Mai 2017) auf 931 (Ende Juni 2017) zu verzeichnen. In Kanada ist ein Anstieg der Förderanlagen von 85 (Ende Mai 2017) auf 150 (Ende Juni 2017) zu verzeichnen.
Aufgrund des aktuellen Ölpreisniveaus wird sich die Entwicklung der Ausweitung der Förderquellen sehr wahrscheinlich maßgeblich beschleunigen, da die in Wartestellung befindlichen us-amerikanischen Fracking-Anlagen sehr schnell angefahren werden können und ständig neue hinzukommen. Damit hat sich die us-amerikanische Fracking-Industrie nachhaltig zum sogenannten Swing-Produzenten und damit zum Taktgeber der Ölproduzenten entwickelt und beeinflusst die weltweiten Marktpreise somit erheblich. Diese Situation stellte sich bereits in den Jahren 2014 und 2015 ein, wodurch die Ölpreise Anfang letzten Jahres bekanntermaßen unter 30,00 US-Dollar pro Barrel fielen.
Eine ähnliche Entwicklung ist in näherer Zukunft nicht auszuschließen, unter den aktuellen Vorzeichen ja sogar immer wahrscheinlicher.
Für weitergehende Informationen können Sie uns gerne kontaktieren.
Ihr Ansprechpartner:
Stefan Zumpe