Entwicklung des Ölpreises im Oktober 2016 und Ausblick

Die Rohölpreise bewegen sich seit August dieses Jahres innerhalb eines Bandes von 42,00 bis 53,00 US-Dollar pro Barrel. Wie bereits im April dieses Jahres sorgten Ankündigungen von Gesprächen einer möglichen Ölförderbegrenzung der Opec zu einer spekulativen Aufwärtsbewegung.

Der Rohölpreis der Sorte „Brent“ stieg nach Bekanntwerden des Beschlusses einer möglichen Ölförderbegrenzung am 28. September 2016 zwischenzeitlich wieder auf ein Niveau von 53,22 US-Dollar pro Barrel gab aber im Verlauf des Oktobers aufgrund vermehrter Unsicherheiten wieder nach und fiel auf einen Wert von 48,32 US-Dollar pro Barrel zurück. Die Ölpreise zeigten sich seitdem wieder sehr volatil.

Die Ölfördermenge der Opec-Länder betrug im Oktober nach offiziellen Angaben 33,8 Millionen Barrel pro Tag. So viel Rohöl wurde von der Opec noch nie gefördert. Am 28. September 2016 wurde von Opec-Vertretern eine zukünftige Spanne der Opec-Ölförderung von 32,5 bis 33,00 Millionen Barrel pro Tag beschlossen. Das würde einer offiziellen Förderkürzung von ca. 850.000 Barrel pro Tag entsprechen. Da die tatsächlichen Ölfördermengen aber weit über den offiziell bekanntgegebenen liegen, ist die genannte Förderkürzung eher der allseits bekannte Tropfen auf den heißen Stein, sollte es überhaupt so weit kommen.

Wie die Aufteilung der Kürzungsmengen auf die einzelnen Opec-Länder aussehen soll, ist derzeit auch noch völlig offen. Erste Zweifel kamen bereits Anfang Oktober auf, nachdem der Iran eine weitere Erhöhung seiner Ölfördermengen bekannt gab. Eine verbindliche Aufteilung soll spätestens auf dem nächsten Opec-Treffen am 30. November 2016 beschlossen werden. Allein die Überwachung der dann zugeteilten Ölfördermengen ist schlicht unmöglich. So wird es, selbst wenn eine entsprechende Vereinbarung zustande kommen würde, sehr schwer sein, diese umzusetzen.

Die Vergangenheit hat immer wieder gezeigt, dass jedes einzelne Förderland auf seine eigenen Vorteile bedacht ist. Für eine Stabilisierung der Ölpreise müssten die Förderkürzungen der Opec auch entschieden höher ausfallen, was den Nicht-Opec-Ländern aber wiederum ungewollt helfen würde, da die Ölpreise auf ein interessantes Einstiegsniveau für dortige Förderungen steigen würden, was dann wieder zu einem erneuten Nachgeben der Ölpreise führen würde. Deshalb drehen sich die Ölförderländer derzeit bei ihren Entscheidungen im Kreis.

Libyen und Nigeria sollen dem Vernehmen nach aus den Förderkürzungen ausgenommen werden. Auch der Irak wird einer Produktionskürzung nicht zustimmen und eher auf einer Ausnahmeregelung beharren, um den Kampf gegen den IS finanzieren zu können. Der Iran hält nach Aufhebung der Wirtschafssanktionen nach wie vor an seinen expansiven Ölförderplänen fest und fordert auch entsprechende Ausnahmeregelungen.

Allein die in diesen Ölförderländern möglichen Erweiterungen der Förderkapazitäten würden die beschlossene Förderkürzung aller anderen Opec-Länder bei Weitem aufwiegen. Das zeigt abermals, wie zerstritten die Opec-Länder untereinander sind. Das Inkrafttreten des Abkommens ist vor diesem Hintergrund aus heutiger Sicht eher unwahrscheinlich. So ist die Ankündigung zu Förderbegrenzungen wohl eher als Akt der Verzweiflung zu sehen. Keines der Ölförderländer kann auf die fehlenden Einnahmen verzichten, da die bereits äußerst maroden Staatshaushalte noch weiter in Mitleidenschaft gezogen würden.

Die Verletzlichkeit einzelner Staaten aufgrund der aktuellen Ölpreissituation zeigt eine Meldung vom 18. Oktober 2016, wonach Venezuelas staatlicher Erdölkonzern PDVSA indirekt vor einer Pleite warnt. Die Auswirkungen der gesunkenen Ölpreise haben wir bereits im September an einigen Sparmaßnahmen in verschiedenen Opec-Ländern sehen können.

Der eingebrochene Ölpreis zwang Kuwait Anfang September zu einer kräftigen Benzinpreiserhöhung im eigenen Land, die stärkste seit Jahrzehnten. Auch Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate und Katar haben die Benzinpreise bereits spürbar anheben müssen, um die fehlenden Einnahmen etwas ausgleichen zu können. Auf informellen Treffen von Opec-Vertretern mit Förderländern außerhalb der Opec kamen immer wieder Uneinigkeiten bezüglich der jeweiligen Förderquoten auf. Insidern zufolge drohte Saudi-Arabien dem Iran in den letzten Wochen mit drastischen Fördererhöhungen, sollte der Iran den Förderkürzungen nicht zustimmen. Sollte dennoch eine Einigung der Opec-Länder zustande kommen, wären die Effekte marginal, und die Nicht-Opec-Länder würden davon profitieren, da die dortigen Ölfördermengen unbeeinflusst beibehalten oder sogar massiv gesteigert werden könnten.

Deshalb sollen bis zum 30. November 2016 auch Gespräche mit Nicht-Opec-Ländern bezüglich deren Bereitschaft zu Förderkürzungen geführt werden. Allein Russland hat trotz des Preiseinbruchs beim Rohöl und nach wie vor bestehender Wirtschaftssanktionen für Oktober eine rekordverdächtige Ölfördermenge von mehr als 11,1 Millionen Barrel pro Tag gemeldet. Russland ist dem Vernehmen nach nur zu Zugeständnissen bezüglich der Fördermengen bereit, sollten sich alle Opec-Länder zu Förderkürzungen verständigen können. Außerdem würden die russischen Zugeständnisse vornehmlich nur die unter staatlicher Kontrolle befindlichen Unternehmen betreffen. In Russland sind mittlerweile viele kleinere Ölförderer in privater Hand, die von den möglichen Zugeständnissen von staatlicher Seite nicht betroffen wären. Diese Situation erhöht die Unsicherheiten einer derartigen Entscheidung stark, da die privaten Unternehmen auch mit den aktuellen Ölpreisen sehr gut zurechtkommen. Aus betriebswirtschaftlichen Gründen macht deshalb eine Beteiligung der privaten Unternehmen an den staatlichen Zugeständnissen wenig Sinn.

Außerdem wurden im September 2016 mit dem Ölfeld „Messoyakha“ und im Oktober 2016 mit dem Ölfeld „Pyakyakhinskoye“ in der arktischen Region Yamal zwei neue russische Ölfelder in Betrieb genommen, wodurch weitere Produktionserhöhungen zu erwarten sind. Weiterhin wollen Rosneft und Lukoil noch in 2016 ihre Ölfelder im sibirischen Suzun-Gebiet bzw. im kaspischen Filanowsky-Areal in Betrieb nehmen. Allein Rosneft würde wohl seine Ölproduktion schrittweise um 4 Millionen Barrel pro Tag steigern können.

Eine Ende Oktober veröffentlichte Mitteilung des Ölkonsortiums der Unternehmen Shell, TOTAL, Eni, ExxonMobil, CNPC und Inpex bezüglich der geplanten Inbetriebnahme des riesigen Ölfeldes Kasachgan im kaspischen Meer dürfte auch entscheidenden Einfluss auf künftige Fördermengen haben. Das Ölfeld soll eine Kapazität von 8,6 Milliarden Barrel haben und damit zu den weltweit zehn größten Öllagerstätten zählen. Die Erschließung des Ölfeldes Kasachgan barg viele Schwierigkeiten, da das Ölfeld selbst in einer Tiefe von vier Kilometern liegt und die Gewässer im kasachischen Teil des kaspischen Meeres sehr seicht sind, weshalb künstliche Inseln aufgeschüttet werden mussten und die Kosten in die Höhe trieb.

Ab dem Jahr 2018 sollen nichtsdestotrotz 370.000 Barrel pro Tag gefördert werden. In einer zweiten Ausbaustufe wären weitere 630.000 Barrel pro Tag möglich, vorausgesetzt die Wirtschaftlichkeit lässt diesen Ausbau überhaupt zu.

Im Juli 2016 überraschte bereits eine Meldung von Chevron zum geplanten Mega-Projekt Tengiz in Kasachstan mit einem Investitionsvolumen von 37 Mrd. US-Dollar. Angeblich können aus dem Ölfeld in der ersten Ausbaustufe 260.000 Barrel pro Tag gefördert werden, in der zweiten Ausbaustufe sogar doppelt so viel.
Chevron beziffert die Förderkosten mit ca. 6,50 US-Dollar pro Barrel. Bei diesen Förderkosten könnte selbst Saudi-Arabien mit den bisher günstigsten Förderkosten nicht mithalten. Mit den Aktivitäten im kaspischen Meer könnten sich die marktwirtschaftlichen Gegebenheiten in heute unvorstellbaren Größenordnungen verändern.

Der norwegische Rohstoffkonzern Statoil bekräftigte auch seine Absichten im Zusammenhang mit einer mehr als sechs Milliarden Euro schweren Investition in den Ausbau des Ölfeldes „Johan Castberg“ in der Barentssee. Die endgültige Entscheidung soll wohl spätestens 2017 getroffen werden.

Auf der anderen Seite begruben BP und Statoil ihre Pläne für Tiefenbohrungen weit vor der Küste Australiens im Gebiet der Great Australian Blight aufgrund zu hoher Kosten. Das Ende des Vorhabens ist Bestandteil von Sparmaßnahmen bei Explorationsmaßnahmen. BP wird in 2016 nur noch 17 Milliarden US-Dollar für die Exploration ausgeben, 2014 waren es noch 23 Milliarden US-Dollar.

Frühere Einschätzungen mehrerer Opec-Vertreter, dass die Ölnachfrage in 2017 das Angebot übersteigen könnte, rücken in immer weitere Ferne. Die IEA und einzelne Banken verkündeten auch ein zu erwartendes Ölgleichgewicht im vierten Quartal 2016, spätestens aber im Jahr 2017. Von diesem Ölgleichgewicht sind wir aber noch sehr weit entfernt, was auch die IEA im September erkannte. Am 13. September 2016 senkte die IEA in ihrem Monatsbericht die Nachfrageprognose für das Jahr 2017 um 800.000 Barrel pro Tag.

Auch die WTO geht aktuell von einer eher sinkenden Ölnachfrage für die Jahre 2016 und 2017 aus. Weltweit werden aktuell knapp 98 Millionen Barrel Rohöl pro Tag gefördert. Das sind 1 bis 2 Millionen Barrel pro Tag über der aktuellen Nachfrage. Entgegen den Bestrebungen der Opec-Länder, die Ölfördermengen zu begrenzen, wurde noch nie so viel Rohöl gefördert wie derzeit.

Im Oktober 2016 förderten die Opec-Länder 33,8 Millionen Barrel pro Tag. Der Iran hat seine Fördermengen weiter auf knapp 3,8 Millionen Barrel pro Tag erhöhen können, bis Ende 2016 sollen es bis zu 4 Millionen Barrel pro Tag werden. In nicht allzu ferner Zukunft möchte der Iran eine Fördermenge von bis zu 5 Millionen Barrel pro Tag erzielen.

Der Irak hat seine Fördermengen um 250.000 bis 300.000 Barrel pro Tag erhöht und fördert somit etwa 4,6 Millionen Barrel pro Tag.

Auch Saudi-Arabien hat seine Fördermengen auf ein Rekord-Niveau von etwa 10,9 Millionen Barrel pro Tag weiter ausgeweitet, um keine Marktanteile zu verlieren.

Zusätzlich werden in Nigeria und in Libyen nach teilweiser Beilegung der Unruhen langsam wieder die Ölfördermengen angehoben. So meldete die staatliche libysche Ölgesellschaft NOC eine Verdoppelung der Ölförderung auf fast 600.000 Barrel pro Tag, bis Ende 2016 sollen es 950.000 Barrel pro Tag werden.
In Nigeria sollen derzeit wohl wieder etwa 1,5 Millionen Barrel pro Tag gefördert werden, bis Ende 2016 sollen es bis zu 2,2 Millionen Barrel pro Tag werden.

Auch die Nicht-Opec-Länder fördern immer mehr Rohöl, da sie es sich nicht leisten können, Marktanteile zu verlieren. Immer wieder geäußerte zwischenzeitliche Erklärungen einzelner Förderländer zu etwaigen Bestrebungen einer Preisstabilisierung sorgten für erhebliche Unruhe am Markt und führten zu kurzzeitig sehr volatilen Preisbewegungen. Das eigentliche Ziel der Preisstabilisierung wurde damit aber weit verfehlt. Eine Stabilisierung der Ölpreise ist auf dem aktuellen Förderniveau einfach nicht möglich. Das nötige Wirtschaftswachstum der Schwellenländer und der damit einhergehende Mehrverbrauch kann mit den aktuellen Fördermengen nicht Schritt halten.

Um aber keine Marktanteile zu verlieren, wird keines der Ölförderländer freiwillig seine Fördermengen reduzieren. Im Gegenteil, jedes etablierte Ölförderland erhöht stetig seine Ölfördermengen, es kommen sogar bisher völlig irrelevante Länder mit Meldungen zu Förderbestrebungen hinzu. So lehnten erst Ende Oktober sowohl Aserbaidschan, Kasachstan, Brasilien, Mexiko, Oman als auch Russland verbindliche Zusagen zu Produktionskürzungen ab.

Allein die in den letzten Wochen gemeldeten unerwarteten Rückgänge der US-Rohöllagerbestände verhalfen den Ölpreisen zu einem kurzfristigen leichten Ansteigen. Vor diesem Hintergrund dürfen wir aber nicht vergessen, dass die weltweiten Öllager aufgrund der schieren Ölmengen mittlerweile zu bersten drohen. Dieses kurze Zeitfenster von wenigen Wochen hat aber offensichtlich für Absicherungsgeschäfte der amerikanischen Ölförderer ausgereicht, so dass auch dort wie-der mehr Förderanlagen in Betrieb gehen.

Die von Baker Hughes veröffentlichte sogenannte Rig Count legte im Oktober wieder leicht zu. Diese Kennzahl beschreibt die Anzahl neuer Bohrungen und ist sehr stark an die Entwicklung des Ölpreises gekoppelt. Die Ausgaben der Ölförderer werden wieder verstärkt angehoben, Investitionen in Förder- und Anlagentechnik mittel- und langfristig geplant. Ende Oktober 2016 betrug der Wert weltweit ca. 1.620. Im Vergleich dazu betrug der Wert Ende Januar 2015 noch 3.309 und Ende September 2016 noch 1.584.

Allein in den USA ist ein erneuter Anstieg der Förderanlagen von 509 (Ende September 2016) auf 544 (Ende Oktober 2016) zu verzeichnen. Die US-Energiebehörde hatte bereits im September 2016 ihre Prognose für die US-Rohölproduktion bis Ende 2017 auf 8,6 Millionen Barrel pro Tag angehoben. Die aktuelle US-Rohölproduktion liegt schon bei über 8,5 Millionen Barrel pro Tag, was einen deutlich höheren Wert für Ende 2017 vermuten lässt. In den Hochzeiten vor 2015 wurden in den USA mehr als 12 Millionen Barrel pro Tag gefördert. In den letzten Monaten wurden in den USA über 1.000 neue Bohrlöcher gebohrt, die aktuell in Wartestellung bei einem akzeptablen Ölpreisniveau sehr schnell in Betrieb genommen werden können.

Auch in Kanada ist ein erneuter Anstieg der Förderanlagen von 141 (Ende September 2016) auf 156 (Ende Oktober 2016) zu verzeichnen. Somit wird immer mehr Rohöl auf den Markt geworfen, was die angestaute Gefahr einer Öl-Blase immer weiter erhöht, da Investoren und Banken auf weitaus höhere Ölpreise gesetzt hatten und diese Preiserwartungen nicht erfüllt werden können.

Da, wie bereits aufgezeigt, nach wie vor keines der Ölförderländer Marktanteile verlieren möchte, das Wachstum der Schwellenländer nicht Schritt halten kann und die etablierten Industriestaaten immer mehr auf fossile Energieträger verzichten werden, ist ein nennenswerter Preisanstieg aber eher unwahrscheinlich.

China schockte die europäischen Autohersteller Ende Oktober zusätzlich mit einer verbindlichen E-Auto-Quote, welche auch die Ölförderländer aufhorchen lassen sollte. Hinzu kommt, dass Lagerkapazitäten weltweit mittlerweile knapp werden. Selbst alte, ausrangierte Öltanker werden gechartert und als Öllager genutzt.

Spekulative Anleger werden aber zunehmend vorsichtiger und ziehen sich weiter aus dem Ölmarkt zurück. Das wird die Nachfrage nach dem schwarzen Gold als Energieträger mittelfristig weiter senken und die Volatilitäten nehmen erheblich zu.

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Stefan Zumpe

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