Der Rohölpreis der Sorte „Brent“ stieg nach der Vereinbarung der Opec-Länder am 30. November 2016 stetig in Richtung 56,00 US-Dollar pro Barrel und verharrte die ersten drei Monate des Jahres 2017 auf diesem Niveau bei relativ geringer Volatilität. Seit April 2017 nahm die Volatilität aber wieder stark zu. In der Folge gab der Rohölpreis weiter nach und fiel zum 21. Juni 2017 wieder auf 44,82 US-Dollar pro Barrel, stieg aber zum 31. Juli 2017 wieder auf 52,65 US-Dollar pro Barrel, verharrte seitdem auf diesem Niveau und stieg zum 31. Oktober 2017 spekulativ getrieben und aus Sorge vor Lieferausfällen im Nordirak auf 61,37 US-Dollar pro Barrel.
Das Ziel der Opec, die Lagerbestände zu reduzieren und damit die Preise zu stabilisieren, oder besser noch ansteigen zu lassen, scheint vorübergehend tatsächlich Wirkung zu zeigen. So sind die US-Rohöllagerbestände laut der Energy Information Administration (EIA) gegen Ende Oktober auf mittlerweile ca. 460,0 Millionen Barrel gesunken. Im Verlauf der Hurrikan-Saison im September und Oktober 2017 sind die Daten zu den US-Rohöllagerbestände aber mit großer Vorsicht zu betrachten, da durch Schließungen sowohl der Bohrtürme als auch der Raffinerien zur Weiterverarbeitung der Ölprodukte keine sicheren und nachvollziehbaren Daten vorlagen. Ob für den Rückgang der US-Rohöllagerbestände die Opec-Förderkürzung, die saisonal bedingt gestiegene Weiterverarbeitung der Ölprodukte oder die Hurrikan-Saison-bedingten Auswirkungen verantwortlich waren, ist aus diesen Gründen nach wie vor nicht wirklich erkennbar. Jedenfalls hilft der aktuell wieder höhere Ölpreis den US-amerikanischen Ölförderern, die eigenen Quellen wirtschaftlicher auszubeuten, immer mehr Bohrlöcher zu aktivieren und die Produktionskosten mit Terminprodukten abzusichern. Damit stecken die Opec-Länder nach wie vor in einer Zwickmühle und beraten immer wieder über weitere Förderkürzungen und mögliche Verlängerungen der Maßnahmen.
Zuletzt hatten sowohl der russische Präsident Wladimir Putin als auch der Saudische Kronprinz Salman wieder Spekulationen über eine Verlängerung der Förderkürzungen nach dem März 2018 aufkommen lassen. Mittlerweile rechnen die Marktteilnehmer mit einer Verlängerung der Förderkürzungen über den März 2018 hinaus. Wobei eine reine Verlängerung der seinerzeit beschlossenen Förderkürzungen nicht zum gewünschten Ziel des merklichen Lagerabbaus führen kann. Dazu müssten weiter Kürzungsmaßnahmen beschlossen werden. In Anbetracht der immer maroderen Haushaltslagen der Ölförderländer, allen voran Venezuela, ist eine Ausdehnung der Kürzungsmaßnahmen aber eher unwahrscheinlich. Die Unsicherheiten nehmen aus diesem Grund weiter zu, da sich immer mehr Opec-Länder nicht an die vereinbarten Förderkürzungen halten werden. Auch der Iran rückt wieder in den Fokus, da die us-amerikanische Einschätzung der Lage zur Umsetzung des Atomabkommens im Oktober kritischer ausgefallen ist. Mitte Oktober 2017 forderte der Generalsekretär der Opec Mohammed Barkindo die USA auf, an dem Kürzungsabkommen der Opec teilzunehmen. Die Aufforderung dürfte aber die us-amerikanischen Schieferöl-Produzenten nicht davon abbringen, immer mehr Förderanlagen in Betrieb zu nehmen.
Der Total-Chef Patrick Pouyanne erwartet eher eine Investitionsoffensive der us-amerikanischen Schieferöl-Produzenten, da diese bei dem aktuellen Ölpreis äußerst lukrativ produzieren können. Es ist zu erwarten, dass die amerikanische Ölproduktion Anfang 2018 bei über 10 Millionen Barrel pro Tag liegen wird. Die amerikanische Ölproduktion lag Ende Oktober 2017 bei 9,6 Millionen Barrel pro Tag, womit das Produktionsniveau auf den höchsten Stand seit 1970 geklettert ist. Die amerikanischen Fracking-Anlagen produzieren auch aufgrund der technologischen Fortschritte in der letzten Zeit auf immer günstigerem Niveau, mittlerweile sollen wohl bereits Ölpreise oberhalb von 30,00 US-Dollar pro Barrel auskömmlich sein. Die International Energy Agency (IEA) schätzt ein noch zu erschließendes zusätzliches Rohöl-Potential in den USA von knapp 4,5 Millionen Barrel pro Tag.
Die von Baker Hughes veröffentlichte sogenannte Rig Count ging im Oktober 2017 wiederholt leicht zurück. Dieser Rückgang kann aber mit der Hurrikan-Saison in Verbindung gebracht werden. Die Rig Count beschreibt die Anzahl neuer Bohrungen und ist sehr stark an die Entwicklung des Ölpreises gekoppelt. Ende September 2017 betrug der Wert weltweit 2.081. Ende Oktober 2017 fiel der Wert leicht auf 2.077. Im Vergleich dazu betrug der Wert Ende Januar 2015 weltweit 3.309 und Ende Januar 2017 1.918. Allein in den USA ist ein leichter Rückgang der Förderanlagen von 940 (Ende September 2017) auf 922 (Ende Oktober 2017) zu verzeichnen. Auch in Kanada ist ein leichter Rückgang der Förderanlagen von 210 (Ende September 2017) auf 204 (Ende Oktober 2017) zu verzeichnen. Im asiatischen Pazifikraum ist ein Anstieg der Förderanlagen von 189 (Ende September 2017) auf 213 (Ende Oktober 2017) zu verzeichnen. Auch in Afrika ist ein Anstieg der Förderanlagen von 79 (Ende September 2017) auf 85 (Ende Oktober 2017) zu verzeichnen.
Aufgrund des aktuellen Ölpreisniveaus wird sich die Entwicklung der Ausweitung der Förderquellen sehr wahrscheinlich maßgeblich beschleunigen, da die in Wartestellung befindlichen us-amerikanischen Fracking-Anlagen sehr schnell angefahren werden können und ständig neue hinzukommen. Das von der International Energy Agency (IEA) geschätzte zusätzliche Rohöl-Potential in den USA von 4,5 Millionen Barrel pro Tag lässt da erheblichen Spielraum zu.
Diese Situation stellte sich bereits in den Jahren 2014 und 2015 ein, wodurch die Ölpreise Anfang letzten Jahres bekanntermaßen unter 30,00 US-Dollar pro Barrel fielen. Eine ähnliche Entwicklung ist in näherer Zukunft nicht auszuschließen, unter den aktuellen Vorzeichen ja sogar immer wahrscheinlicher. Auch der Rosneft-CEO Igor Setschin rechnet mit einem Ölpreis zwischen 40,00 und 43,00 US-Dollar pro Barrel im Jahr 2018. Jedenfalls ist mit einer erheblichen Zunahme der Volatilität zu rechnen.
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